Samstag, 12. April 2014

DER EINFLUSS DER IRANER AUF DIE UMWELT - DIE JUDEN


DER EINFLUSS DER IRANER AUF DIE UMWELT 
      b. DIE JUDEN
In ähnlicher Weise umstritten wie die Frage der gegenseitigen Beeinflussung der griechischen und iranischen Vorstellungen ist die der Abhängigkeit des Judentums von Iran. Dieses Problem ist von sehr grosser Bedeutung, da durch die jüdischen Anschauungen viele iranische Elemente auch in das Christentum gelangt sein könnten. Vor allem muss dem Komplex in vollkommen unvoreingenommener Haltung gegenübergetreten werden; man darf weder eine angeblich durchaus selbständige Entwicklung der jüdischen Religion noch einfach deren völlige Abhängigkeit von fremden Anschauungen zum einseitigen Ausgangspunkt der Untersuchung wählen. Erschwert wird die Lösung noch dadurch, dass die Ansichten über den jüdischen Monotheismus und sein Alter stark auseinandergehen.
Die Auffassung Jahwes als des einen und einzigen Gottes ist aber jedenfalls erst verhältnismässig spät nachweisen.
Ohne auf die sehr verwickelten Streitigkeiten über den Charakter Jahwes hier eingehen zu wollen, darf festgestellt werden, dass im Deuterojesaja (40-55) und bei Zachaja der geläuterte Gottesbegriff zuerst vorliegt. Welche Vorstufen dahin geführt haben, kann im vorliegenden Zusammenhang ebenso ununtersucht bleiben, wie die Beantwortung der Frage sich erübrigt, ob sich in früheren Epochen schon Andeutungen der neuen Gottesvorstellung aufspüren lassen. Die Juden von Elephantine bezeichnen in ihren Eingaben an den persischen Statthalter Jahwe als den „Gott des Himmels“, wobei man an den mit Ahura-Mazda-gleichgesetzten Himmelsba ´al denken kann, den Ba ´al samain.
 Immerhin haben wir im Judentum seit Deuterojesaja eine vergeistigte Gottesauffassung vor uns, denn Jahwe erscheint nicht allein als der Herr der Welt, sondern wird als der eine und einzig Gott betrachtet, neben dem es keine anderen Objekte kultischer Verehrung geben kann. Es läge nahe, einen Vergleich mit dem Weisen Herren der Gäthä zu ziehen, wenn nicht dessen Gestalt zur Zeit des Kyros und Dareios bereits völlig verlässt wäre. Man müsste dann annehmen, dass in irgendwelchen esoterischen Kreisen die wahre gäthische Lehre sich erhalten hätte und dass sie von hier aus an die Judenschaft weitergegeben worden sei. Aber ein glaubhafter Beweis ist dafür nicht zu erbringen. Denn etwa Übereinstimmungen wie die zwischen Yasna 31, 8, wo Mazda – von Zarathustra als der erste und der  letzte hingestellt wird, und Jesaja 44,6 dürften rein zufälliger Natur sein und auf die gleichartige Vorstellung der göttlichen Anfangs- und Endlosigkeit zurückgehen, ohne dass sich über eine Beeinflussung des Deuterojesaja durch die gäthische Anschauung Positives aussagen lässt, wenn es auch auffällig ist, dass solche Gedankengänge bei den Juden erst in der Periode der Berührung mit den Iraniern in Erscheinung treten.  
Man muss sich darüber klar sein, dass die Ausbildung eines vertieften Gottesbegriffes gerade in der Zeit, wo die Achämeniden dem Exil ein Ende bereitet halten, mit dem endgültigen Verlust der Hoffnung auf die Schaffung eines jüdischen Nationalstaates zusammenhängt. Noch Zerubbabel, ein Enkel des letzten Königs von Juda, scheint gehofft zu haben, dass er das jüdische Reich als Vasallenstaat der Perser werde erneuern können, als er von Kyros, oder was wahrscheinlicher ist, von Dareios I. als achämenidischer Verwalter des Bezirks Juda nach Palästina geschickt worden war. Auch Haggai hat den Gedanken der Wiederbelebung der nationalen Herrlichkeit des jüdischen Volkes verfochten. Zerubbabel oder gar Kyros sind als der Messias betrachtet worden, dessen Aufgabe nicht eschatologisch aufgefasst wurde, sondern der zunächst der Wiedererwecker des nationalen Daseins der Juden sein sollte.
Aber durch geschickte Ausnutzung der priesterlichen Bestrebungen hat die persische Politik seit Dareios I. verstanden, die Hoffnungen auf die Begründung eines erneuerten Königtums verstummen zu machen. So fehlt dem Jahwe die Beziehung zu dem geschlossenen jüdischen Gemeinwesen. Vom Stammesgott, den die Israeliten einst aus irgendwelchen, hier nicht näher zu behandelnden Gründen übernommen haben, wird Jahwe zum Gott von universeller Bedeutung, dessen Gläubige über die ganze Welt verstreut sind, und der sich an das ihn anerkennende Einzelwesen wendet, weil die staatliche Vereinigung seiner Anhänger fehlt. Gleichzeitig sondert sich Jahwe als der einzige Gott von den übrigen Gottheiten der Menschheit ab. Damit ist der entscheidende Schritt zur Entstehung eines monotheistischen und ausschiesslichen Gottesbegriffs geschehen, der später vom Christentum aufgenommen und weitergebildet wird.
Die Entwicklung jenes Gottestyps fällt in die Periode der Abhängigkeit der Juden den Persern. Der Gedanke an einen Zusammenhang mit den gäthischen Gottesvorstellungen lässt sich, wie ausgeführt, jedenfalls nicht in der Form bündig belegen, dass der dem Treiben der Welt entrückte Gottestyp des Zarathustra das Vorbild des monotheistischen vergeistigten Jahwe abgeben hat.
Wohl aber sind eine Reihe von Übereinstimmungen mit der achämenidischen Auffassung von Ahura-Mazda- festzustellen.
Denn erst in christlicher Beleuchtung hat Jahwe ganz den hoheitsvollen Charakter erhalten, der einen Vergleich mit dem Weisen Herrn der Gäthä zulässt, und diese Entwicklung setzt den Hellenismus voraus, in dem iranisches Geistes einen wesentlichen Bestandteil ausmacht. Sowohl im jüngeren Avesta wie bei den Achämeniden stellt nämlich Ahura- Mazda- eine göttliche Gestalt eines polytheistischen Götterhimmels dar, in der die Griechen Zeus erblickten. Nicht anders erscheint Jahwe den hellenischen Beobachtern, so um 290 v. Chr. dem Hekataios von Abdera, der den nicht menschenähnlichen jüdischen Herrn des Alls als den die Erde umschliessenden Himmel bezeichnet. Wir werden uns daran erinnern, dass nach Herodot auch die Perser den Himmelskreis Zeus genannt haben sollen.
Ebenso wird im Buch Esra dem Kyros für Jahwe von Jerusalem der Ausdruck „Himmelsgott“ zugeschrieben. Die spätere jüdische Überlieferung setzt für Jahwe, der überhaupt gelegentlich als der Himmelsgott hingestellt wird, einfach den Himmel. Unter dem Selukiden Antiochos Epiphanes wurde der olympische Zeus im Jahwe Tempel zu Jerusalem und in dem zu Sichem der Zeus Xenios oder Hellenios eingesetzt.
Desgleichen liessen die Römer nach der Zerstörung Jerusalems auf den Trümmern des Tempels ein Heiligtum des Jupiter Capitolinus errichten, den schon Varro im 2. Vorchristlichen Jahrhundert mit dem Judengott vergleicht.  
Nun ist Jahwe jedoch nicht nur der Himmelsgott, dem seiner fassender Charakter zugeschrieben wird. Ähnlich wie Ahura-Mazda- nach dem Yasna haptanhäti- wird Jahwe als der göttliche Herrscher der gesamten Welt betrachtet. Er thront im himmlischen Palaste und ist der Herr der ganzen Erde. Die Engel als seine Diener und Boten umgeben Jahwe wie der Hofstaat einen irdischen König. Diese Engel erscheinen als die Vermittler zwischen dem über der Natur thronenden Jahwe und den Menschen. Insofern gewinnt auch seine Bezeichnung als der höchste Gott Bedeutung, womit man Ahura-Mazda- als den mathist- bagänäm in den Inschriften der Achämeniden verglichen hat. Allerdings hat Jahwe nie die Beziehung zu der Judenschaft verloren, mit der er unmittelbar verbunden blieb, und wurde kein unnahbarer und unfassbarer Obergott in einer den Menschen unzugänglichen Sphäre. Betont wird bei Jahwe auch gern die Gerechtigkeit. Dabei ist daran zu denken, dass das Richteramt im alten Orient mit dem Herrschertum eng verbunden erscheint, so dass Jahwe als König wie als Richter den supranaturalen Herrscher des Alls verkörpert.
Seit Deuterojessaja wird auch die Eigenschaft Jahwes als des Schöpfers besonders hervorgehoben. Nach den verwickelten Anschauungen der gothischen Periode ist Ahura- Mazda- von der als Schöpfer des Guten auftretenden Potenz sepanta- manyu- getrennt. Die Achämeniden betrachteten dagegen Auramazdadirekt als den Schöpfer „jenes Himmels“ und „dieser Erde“.
Dieses Verhältnis stimmt also zu der Behandlung des Jahwe als des den Kosmos schaffenden Gottes. Mit dem xvarenah-. dem mystischen Lichtglanz der Iranier, hat man die „Herrlichkeit“ des Jahwe zusammengestellt, ebenso wie die Rüah, der Geist des Jahwe, mit spenta- manyu-, die Weisheit Jahwes, hokma, mit aremati-, oder das „Wort“, memra, mit dem spanta- mathra- verglichen worden ist, ohne dass mehr als Parallelen aufgewiesen werden können.
Aller solcher Züge ungeachtet wird man nämlich kaum annehmen dürfen, dass die nach dem Exil eintretende Veränderung in der jüdischen Auffassung von der Gottheit von den Persern unmittelbar abhängig ist, zumal da auch die griechische Philosophie und die hellenistischer Zeit entstandene Demotische Literatur Ägyptens monotheistisches Züge aufweisen.
Denn ganz im Gegensatz zu den Iraniern, die im Panthoen anderer Völker ihre eigenen Götter zu erblicken gewohnt sind, geht die neue Entwicklung bei den Juden darauf aus, Jahwe als den Gott I s r a e l s zum Weltgebieter zu erheben. An die Stelle des verlorengegangen Nationalstaates mit seiner engen Begrenzung trat der Anspruch, die gesamte Menschheit geistig zur Anerkennung Jahwes zu bringen, was allerdings nur dadurch möglich war, dass die Erde dem Judentum gewonnen wurde. Deshalb kam es zunächst darauf an, dem Judentum und Jahwe möglichst viele Anhänger zu erringen. Der Weg zu dieser Ansicht hat natürlich lange Zeit in Anspruch genommen, führte aber zu gänzlich anderen Ergebnissen, als wir sie bei den Iraniern antreffen. Sollte also tatsächlich der erhabene Gottestyp, den auch der Auramazda- der Achämeniden darstellt, dennoch irgendwie auf die Juden abgefärbt haben, so wäre Jahwe in der Ausgestaltung seines Wesens zu einer von dem iranischen Weisen Herrn durchaus verschiedenen Gestalt geworden. Die sittlichen Forderungen, die im Mazdaismus wie bei den alten Persern nachzuweisen sind, entsprechen vielfach den im Judentum zu beobachtenden Tendenzen; freilich lassen sich bei aller Übereinstimmung mancher Züge auch wesentliche Abweichungen feststellen, indem bei den Juden starrere Grundsätze herrschen, auch der Gedanke der eigenen, inneren Verantwortlichkeit des Menschen dem Ethischen gegenüber weniger betont wird als die Scheu, Jahwe und seinem Gebot zuwider zu handeln. Deshalb wird man aller oft schlagenden Ähnlichkeit ungeachtet an der Selbständigkeit der Entwicklung der ethischen Begriffe in Iran und bei den Juden festhalten dürfen.  
Charakteristisch für das Judentum, wie es sich unter Reibungen und Schwierigkeiten seit dem Auftreten des Nehemia ausbildet, ist das Unterstreichen des Gesetzes und der rituellen Reinheit. Dadurch sondern die Juden sich bewusst von den übrigen Nationen ab und streben dahin, einen eigenen Körper innerhalb der Umwelt zu bilden. Ihr Ziel ist, aus solchen jüdischen Keimzellen heraus die übrigen Nationen für den Dienst des Jahwe und damit für das Judentum zu gewinnen. Der Iranier sucht sich dagegen den sonstigen Völkern anzugleichen, nicht das Unterscheidende hervorzuheben, sondern sich und seine Götterwelt in der fremden Umgebung wiederzufinden.
Bei aller Sympathie, die von den Juden den Persern wegen ihrer wohlwollenden Haltung ihnen gegenüber entgegengebracht wird, ist es bei der bewussten Abkehr der Juden von der heidnischen Umwelt wenig wahrscheinlich, dass die jüdische Priesterschafft sich bei den Persern religiöse Belehrung oder auch nur Anregung geholt hätte.
Denn die Leitung des jüdischen Gemeinwesens hatten die Priester angetreten, vor denen die alle Aristokratie zurücktreten musste. Es scheint, dass die Perser diese Entwicklung bewusst gefördert haben, um nicht in Palästina ein neues jüdisches Staatswesen entstehen zu lassen, das wegen seiner Lage auf dem Wege nach Ägypten der persischen Zentralgewalt im Hinblick auf den unruhigen Charakter dieses Reichteiles Schwierigkeiten schaffen konnte. Ob deshalb die Perser aber auch sämtliche Ansprüche der jüdischen Priesterschafft unterstützen, steht dahin. So ist das etwa fraglich bei der Anerkennung der Ausschliesslichkeit des Jahwetempels zu Jerusalem, dessen Wiedererrichtung überhaupt zu Streitigkeiten aller Art Anlass geboten hatte. Einen Einblick in die vorliegenden verwickelten Verhältnisse gewinnt man bei den Bemühungen der jüdischen Gemeinde von Elephantine, die Herstellung ihres von den Ägypten zerstörten Jahweheiligtums durchzusetzen.
Wir kennen nicht den Ausgang der Angelegenheit, sondern sehen nur, wie die einzelnen Elemente gegeneinander stehen.
Die persischen Behörden mussten Wert darauf legen, die verschiedenen Strömungen innerhalb des Judentums zu berücksichtigen und die zentralistische Politik der Jerusalemer nicht zu ausschliesslich zu stützen, nachdem die Möglichkeit der Aufrichtung eines neuen jüdischen Staatswesens einmal beiseitegeschoben war. Für die Perser waren die Gesetzesfrommen Juden, die Kreise minder strenger Observanz und die Samaritaner an sich gleichwertig. Da aber das Gesetz von der babylonischen Judenschafft ausgeht und von ihr nach Jerusalem übertragen worden ist, versteht man, dass die scharf gesetzlich denkenden Elemente von Babylonien aus am ehesten mit der achämenidischen Zentralregierung in Verbindung treten konnten. Dieser wieder wird es nicht unerwünscht erschienen sein, durch die priesterlichen Faktoren über Jerusalem hinaus auch die weitverbreitete jüdische Diaspora zu kontrollieren. Im Übrigen wird der persischen Staatsgewalt nicht allzuviel daran gelegen haben, in die Streitigkeiten innerhalb der Judenschafft hineingezogen zu werden. Nehemia, der 445 v. Chr. Nach Palästina kam und die Mauern Jerusalems wieder herstellte, kann als Hofbeamter des Grosskönigs Artaxerxes I. nicht ohne Einverständnis mit diesem Herrscher gehandelt haben, als er die Absonderung der Jahwegemeinde von allen nichtjüdichen Elementen betrieb. Die von Nehemia und den hinter ihm stehenden babylonischen Juden eingeleitete Bewegung kam nicht rasch zum Ziel, und es ist eine ungelöste Frage, ob Esra vor oder nach Nehemia anzusetzen ist.   
Der Sinn der Reformbewegungen, die sich an die Namen des Esra und Nehemia knüpfen, lief jedenfalls darauf hinaus, eine straff organisierte, streng rituell eingestellte jüdische Gemeinde unter priesterlicher Führung zu schaffen. Wie bei allen von Priestern gefärbten Religionen nimmt die formale Befolgung der gesetzlichen Vorschriften im Judentum eine bedeutende Stelle ein. Die Kenntnis der Gesetze und ihre Beachtung, von der die rituelle Reinheit abhängt, erfordert, ein genaues Studium und gibt der Priesterschafft Macht über die Laien, die von den im Ritus erfahrenen Priestern abhängig sind.
Eigenartig ist die Form des neuen Jahwekults. Jahwe wird zwar menschenähnlich vorgestellt, aber bildlos verehrt. Dass dieser Gebrauch wirklich bis zu Moses hinaufreicht und nur nach seiner Zeit vom Götzenkult überwuchert wurde, ist eine späte Geschicktskonstruktion. Jahwe, als dessen Sitz die Lade galt, wurde in der Gestalt von Fetischen wie des Schlangenstabes verehrt, auch scheint er in Kana ´an stiergestaltig vorgestellt worden zu sein. Auf alle Fälle kann man den Jahwekult des von Zerubbabel errichteten Tempels nur neben die gleichfalls bildlose Verehrung des Ahura- Mazda- stellen. Allerdings ist auch diese Übung unter den Achämeniden nicht mehr mit jener Strenge beobachtet worden, die noch Herodot I, 131 annehmen lässt. Denn an den Stätten, an denen sich die Iranier mit den Kulten anderer Völker einliessen, müssen sie schon früh mit Götterdarstellungen vertraut geworden sein. Schon Elam und die Urartäer kannten ja Götterbilder. Unter Artaxerxes II. waren Statuen auch bei den Iraniern bereits gebräuchlich geworden. Demgegenüber unterstreichen die griechischen Schriftsteller von Theophrastos an die Bildlosigkeit des jüdischen Kults und seinen Monotheismus. Sollte daher der als Lichtwesen der geistigen Sphäre vorgestellte Ahura- Mazda, dessen Herrlichkeit keine Menschenhand wiederzugeben imstande war, die Bilderverwerfung der nachexilischen Juden irgendwie beeinflusst haben, so hätten die Juden die bei den Iraniern arg entstellte Tradition besser und folgerichtiger bewahrt, als diese selber es getan haben. Wenn auch die Ansprüche der Alexandranischen Juden auf das hohe Alter der jüdischen Lehren nicht anerkannt werden können, waren ihre Behauptungen doch insoweit berechtigt, als sie die Reinheit und den Wert ihrer Überlieferungen hervorhoben.
Nichts mit den persischen Verehrungenstätten, eigentlich und ursprünglich Opferplätzen, äyadana-, haben die jüdischen zu tun, die Gebetshäuser, die ausserhalb Jerusalems als Versammlungsorte für die Gemeinde wenigstens offiziell allein zugelassen waren. Denn ein Jahwe tempel hat zu Leontopolis in Ägypten von 164/62 v. Chr. bis 73 n. Chr. bestanden.
Die strengen Ehevorschriften der Juden wie die zahlreichen Reinheitsgebote hängen mit den iranischen Lehren sicherlich nicht zusammen, wenn auch eine gewisse Ähnlichkeit der ethischen Anforderungen festzustellen ist. Die Betonung des Kinderreichtums ist in beiden Fällen ganz einfach daraus zu erklären, dass die Juden eine möglichste eine möglichste Verstärkung ihrer Gemeinschaft anstrebten, während auch die iranischen Stämme im Interesse der Selbstbehauptung darauf ausgehen mussten, ihre Volkszahl gegenüber den anderen Völkern tunlichst zu steigen. Ähnliche allgemeine Voraussetzungen haben bei Juden und Iranier zu entsprechenden Auffassungen geführt.
Die Bücher Daniel, Esther und Tohit zeigen dagegen nach der überwiegenden Meinung der Forscher manche iranischen Züge. Das ist beim Asmodaios des Buches Tobit wohl klar. Das ist beim Asmodaios des Buches Tobit wohl klar.
Diese um 100 v. Chr. entstandene Erzählung scheint von der „Weisheit des Ahiqar“ beeinflusst zu sein, einer in der Perserzeit verfassten aramäischen Schrift, die von der jüdischen Kolonie zu Elephantine ebenso gelesen wurde wie von Griechen, so dass das Buch in deren Sprache übertragen worden ist. In Asmedaj, Asmodaios, ist aesma-, der daeva- der Wut oder des Zornes, zu sehen. Die spätere jüdische Überlieferung des Talmuds knüpft Asmodaios an die Sedim von Deuteron. 32, 17 an, die abtrünnigen Dämonen, deren Oberhaupt Asmodaios sein soll. Aber das ist nur ein nachträglicher Versuch, diesem bösen Geist einen Ursprung aus der Bibel selber zu verleihen.
Handelt es sich hierbei um eine verhältnismässig nebensächliche Gestalt, deren Herkunft aus dem iranischen Gedankenbereich gesichert erscheinen dürfte, so sind bei vielen Mythen, die aus der orientalischen Umwelt ins Judentum übernommen worden sind, die iranischen Elemente von solchen anderer Herkunft kaum zu scheiden. Denn die Iranier sind nicht weniger unter den Einfluss der alten Kulturvölker des Ostens geraten als die Juden. Man wird daher mit der Behauptung spezifisch iranischer Bestandteile im Judentum wie anderswo sehr zurückhaltend sein müssen.
Dieser Satz gilt zunächst für die dualistischen Strömungen, die sich in nachhexilischer Zeit im Judentum bemerkbar machen. Ehe sich Satan zum Gegner des Herrn entwickelt, ist er ein Engel in der Umgebung des Jahwe, der als Ankläger auftritt, also nicht das Schlechte verficht, sondern im Gegenteil auf Unvollkommenes und Böses aufmerksam macht. Also ist der Satan (ha-satan, mit dem Artikel) eigentlich eine gute Potenz.
Die ausgesprochen dualistische Lehre, wie sie im jüngeren Avesta aufbewahrt ist und seit dem 5. Vorchristlichen Jahrhundert dem griechischen Gesichtskreis vertraut geworden ist, mag mittelbar dualistische Tendenzen in der Judenschafft bestärkt haben. Eine einfache Übernahme iranischer Anschauungen liegt bei dem äusserst verwickelten Vorgang jedenfalls nicht vor. Denn der Gegensatz zwischen guten Göttern und bösen Mächten gehört zu dem ursprünglichen Rüstzeug menschlichen religiösen Denkens und hat sich aus der Unterscheidung von nützlich und schädlich herausgeschält. Jahwe trägt zunächst auch strafenden und rächenden Charakter und weist gelegentlich geradezu dämonische Züge auf. Bei einer verfeinerten Auffassung des göttlichen Wesens gelangte man dazu, von Jahwe alle bösen Seiten Abzugsplittern und auf den Teufel zu übertragen. Gerade im Hinblick auf das immer zunehmende Selbstbewusstsein der gesetzestreuen Judenschaft wird man damit rechnen müssen, dass fremde Einflüsse umso schwerer Eingang fanden, je weiter die Zeit vorschritt.
Ein ganzer Grundstock altorientalischer Mythen und Lehren war dabei im Judentum von früher her vertreten und wurde nun im Sinne der neuen Auffassungen umgedeutet. Dass verwandte Anschauungen auch bei den Iraniern zu belegen sind, darf nicht wundernehmen, schöpfen doch, wie erwähnt, beide Völker aus gemeinsamen Quellen.
Dies tritt namentlich in den im Buch Daniel und Ezechiel behandelten Lehren von den Weltzeitaltern in Erscheinung.
Solche apokalyptischen Visionen geben das Material wieder, wie es im gesamten Orient verbreitet war und wie es in zahlreichen Schriften der verschiedensten Völker zu finden ist.
Nicht anders steht es mit der in verschiedenen Formen auftretenden Gestalt eines Urmenschen, eines Prototyps der Menschheit, die auch im jüngeren Mazdaismus eine Rolle spielt.
Der „Menschensohn“, eigentlich einfach das Menschenkind, ist dann zum Messias geworden. So wird der präexistente göttliche Mensch zum Erlöser und zum Herbeiführer des neuen goldenen Zeitalters. Der Messias erscheint dabei als der Weltenrichter. Derartige Auffassungen sind im Judentum freilich erst spät nachzuweisen, namentlich in der an Daniel anknüpfenden apokryphen Literatur; im Henochbuch aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. oder im vierten Buch Esra und ähnlichen Schriften finden solche Strömungen ihren Niederschlag. Die ursprüngliche, auch noch zurzeit Christi lebendige Idee des Messias sieht in ihm eher einen Sprossen vom Stamme Davids, der die weltliche Herrlichkeit des jüdischen Staates zu erneuern berufen ist.
Die Analogie zu der iranischen Doktrin vom Saosyant- liegt nahe, namentlich da Urmensch-Zarathostra-Saosyant- eine Reihe bilden, die der des präexistenten Menschen-Moses-Messias verglichen werden kann.
Die Alter der fraglichen iranischen Lehren stehen nun freilich durchaus nicht fest. Im günstigsten Fall können sie mit dem Dämdät Nask als der Vorlage des Bundahisn ins 5. Vorchristliche Jahrhundert versetzt werden, aber man darf auch eine spätere Datierung annehmen, zumal da es nicht ganz klar ist, ob die Griechen des 4. Jahrhunderts den Saosyant- und seine doch sehr bedeutsame Rolle bereits gekannt haben. Erst für die arsakidische Epoche wird man daher bestimmt mit der ausgebildeten Lehre vom Erlöser rechnen können. Dann wäre eine ungefähre Gleichzeitigkeit mit den jüdischen Annahmen vorhanden, die voraussichtlich wieder auf einen gemeinsamen Ursprung zurückgehen. Voraussetzung für den Gedanken der Welterlösung durch Überwindung der bösen Mächte ist schliesslich die Auffassung des Diesseits als eines Verbesserung heischenden Gebildes. In der dualistischen Weltanschauung ist eine solche Grundströmung vorhanden, denn es kommt darauf an, das böse Element aus dem Weltbild zu entfernen. Leicht knüpft sich hieran allgemein die Betrachtung der körperlichen Welt als einer Stätte des Leidens. Solche pessimistischen Züge, die den Iraniern im Allgemeinen fremd sind, finden sich etwa im Buch Hiob, aber sonst vielfach in der hellenischen Welt.
Ihr Ursprung ist nicht in Iran zu suchen, sondern entspricht wohl einer weit verbreiteten Stimmung der Abkehr von dem gegenwärtigen Dasein.
Eng zusammen geht mit der Figur des Saosyant- als des Beenders des grossen Schlusskampfes die Entwicklung der Lehre von dem künftigen Schicksal Einzelwesen, indem der Beginn des goldenen Zeitalters der Glückseligkeit mit der Auferstehung der Toten gleichgesetzt wird. Das Leben nach dem Tode ist für das Judentum zum mindesten keine wesentliche Doktrin gewesen. Im Anschluss an Daniel haben die Pharisäer den Auferstehungsglauben verfochten, während andere Kreise, wie die Sadduzäer, diesen ablehnten oder sich mit der hellenistischen philosophischen Doktrin von der Unsterblichkeit der Seele begnügten. Die iranischen Ansichten über das Schicksal des Menschen nach dem Tode, mit denen die Griechen bereits vertraut waren, werden auf diesem Gebiete der Eschatologie nicht ohne Einfluss gewesen sein; machen sie doch einen wichtigen Bestandteil der mystischen Geheimweisheit aus, die seit dem Hellenismus umlief und die sich gern auf orientalische Meister wie Zarathustra als Autoritäten berief. So hört man von den Anhängern des jüdischen Lehrers Sammai im 1. Jahrhundert n. Chr., dass es ausser den zum ewigen Leben und zur ewigen Verdammnis Bestimmten auch solche gebe, bei denen sich gute und schlechte Werke die Waage halten und die in das Fegefeuer kommen, eine Vorstellung, die an den „Ort der Gemischten“ der Mazdaisten denken lässt.
Mit unseren Betrachtungen sind wir über die achämenidische Periode weit hinausgeraten, was sich aber verteidigen lässt, weil die Verbindungen zwischen dem Judentum und Iran unter den grossen Perserkönigen einsetzten, die den Juden die Heimkehr aus dem Exil nach Palästina freistellen und es ihnen so ermöglichten, ihr religiöses Leben zu erneuern. Mag auch noch in arsakidischer Zeit Fühlung mit den Juden bestanden haben, die jüdisch-iranischen Beziehungen darf man trotzdem im wesentlichen als etwa Einheitliches ansehen und daher auch in einer der altpersischen Periode gewidmeten Gesamtbetrachtung behandeln.
Nur der Kuriosität halber sei schliesslich auf J. Darmesteters längst endgültig abgetane Ansicht hingewiesen, dass die Gäthä von jüdischen Lehren und Vorstellungen abhängig seien, wie sie etwa bei Philon von Alexandrien hervortreten. Den Vorrang der jüdischen Überlieferungen sucht übrigens auch jene alte Behauptung zu erweisen, die aus Zarathustra einem ursprünglichen Azaziel geheissenen, in Samarien lebenden jüdischen Priester machen wollte. 

Herausgegeben von gustav Kafka
Das Weltbild der Iraner
O. g. von Wesendonk 1933
 

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