Dienstag, 24. August 2010

Psychologie und Religion





































 



 Psychologie und Religion
1) Die Religion ist eine der frühesten und allgemeinsten Äusserungen der Seele.
Jung zeigt, wie die praktische Psychologie mit dem religiösen Problem konfrontiert wird. Sein Ausgangspunkt ist nicht irgendein Glaubensbekenntnis, sondern die Psychologie des religiösen Menschen.

2) Religion ist eine sorgfältige und gewissenhafte Beobachtung dessen, was Rudolf Otto das „Numinosum“ genannt hat. Das ist eine dynamischen Existenz oder Wirkung, die nicht non einem Willkürakt verursacht wird und die aufgefasst wird als Macht, Geist, Dämon, Gott, Ideal, Gesetz oder wie immer der Mensch solche Faktoren genannt hat, der er als mächtig, gefährlich oder hilfreich genug erfahren hat, um ihnen eine sorgfältige Berücksichtigung angedeihen zu lassen. Das Numinosum ist entweder die Eigenschaft eines sichtbaren Objekts oder der Einfluss einer unsichtbaren Gegenwart, welche eine besondere Veränderung des Bewusstseins verursacht. Religion bezeichnet die besondere Einstellung des Bewusstseins, welches durch die Erfahrung des Numinosum verändert worden ist. Jung versteht darunter also nicht ein Glaubensbekenntnis (Konfession), das die kodifizierte und dogmatisierte Form der ursprünglichen religiösen Erfahrung ist.

3) Die Konfession hat den Zweck, unmittelbare religiöse Erfahrung zu ersetzen durch eine Auswahl passender Symbole, die in ein fest organisiertes Dogma und Ritual eingekleidet sind. Wer noch gläubig geborgen ist in der Kirchenlehre, ist geschützt vor dem Ansturm der eigenen religiösen Erfahrung, der er vielleicht gar nicht gewachsen wäre.

4) Wer aber in den überkommenen Glaubensformen keinen Halt mehr finden, steht den unberechenbaren Kräften des Unbewussten schutzlos gegenüber, hat aber dadurch die Möglichkeit der unmittelbaren religiösen Erfahrung etwa in den religiösen Träumen. Diese treten eigenartigerweise besonders dann auf, wenn es um die Entwicklung zur ganzheitlichen Persönlichkeit geht (Individuation). Sie sprechen aber nicht so über Religion, wie man es gewohnt ist und da sie individuell sind, können sie sich weder an Schönheit noch an Ausdruckskraft mit den dogmatischen Bilder irgendeiner Religion messen, denn ein Dogma ist die Frucht von vielen Geister und Jahrhunderten. Dennoch ist die individuelle Erfahrung unmittelbares Leben. Sie überzeugt deshalb mehr als jede Tradition.
fks

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