Der medische Grosstaat stellt die erste greifbare politische Zusammenfassung iranischer und nichtiranischer Gebilde unter der Leitung der medischen Könige dar. Diesem Reich, das vom Osten und Südwesten Irans über Assyrien und das nachmalige Armenien bis zum Halys in Kleinasien sich erstreckt, ist für die Verbreitung iranischer Kultur wie für die Befruchtung der iranischen Wesens mit fremden Gute erhebliche Bedeutung beizumessen.
Das Mederreich stand unter Grosskönigen von denen Unterkönige und Stammesführer abhängig waren. Der für die Iraner kennzeichnende Feudal-aristokratische Aufbau des Gesellschafsgebäudes ist auch bei den Medern zu finden.
Bei den Medern werden die Magier als ein Stamm genannt, aber ob sie das auch wirklich waren und nicht etwa nur den fremden Berichterstatten als solcher vorkamen, bleibt fraglich. Die Magier, die in der Geschichte der Iraner eine so wesentliche Stelle einnehmen, werden im Avesta nur einmal ganz beiläufig angeführt. Diese Tatsache hängt damit zusammen, dass die Magier dem Westen angehören, während die jungavestischen Texte im östlichen Iran entstanden sind. Denn wenn auch Zarathustra einem im Nordosten oder Osten Irans hausenden medischen Stamm entsprossen sein kann, so hat sich im Verlaufe der Zeit der Schwerpunkt der medischen Entwicklung durchhaus nach dem Westen verschoben.
Aus dem Herodot geht jedenfalls hervor, dass die Magier am Hofe der Mederkönige einen bedeutsamen Rang einnahmen und dass sie, wenigstens teilweise, sich der Kunst der Traumdeutung befleissigten.
Die Meder und andere iranische Stämme stehen in enger Berührung mit den Nationen, die zum Machtbereich der Halder und Assyrer zählen. Die iranische Beziehung für Gottbaga wird in Verbindung mit der kleinasiatischen Gottheit Tesub wie wahrscheinlich mit der auf haldischem Gebiet belegten Göttin Västi verwendet.
Da die Perser einen der babylonischen Zeitrechnung angepassten Kalender besassen, ist es durchaus denkbar, dass die avestischen Monatsbezeichnungen von den medischen Magiern ausgehen. An deren Festsetzung in Armenien und Kappadokien knüpfte dann das Perserreich in seiner religiösen Politik in Kleinasien an, ebenso wie es die alte Strasse, die unter den Medern von Sardes, der lydischen Hauptstadt, nach Ekbatana führte, später nach Susa leitete.
Neben den iranischen Elementen, wie sie in vielen Anschauungen des jüngeren Avesta in Erscheinung treten, sind wahrscheinlich durch die Magier die Überlieferungen der assyrischen, haldischen und kleinasiatischen Welt zu den Medern gedrungen, die sich in den alten Kulturländern des Vorderen Orients rasch heimisch fühlten. So ist die medische Epoche, in der sich die Zusammenfassung der Iraner zu einem grossen polischen Machtgebilde und ihr Eindringen in die Umwelt anbahnt, für die Entwicklung des iranischen Wesens von ganz ausschlaggebender Bedeutung geworden. Positiv ist man über die medischen Zustände allerdings recht wenig unterrichtet.
von O.G. Von Wesendonk 1933
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