Sonntag, 29. April 2012

DIE ALTPERSISCHEN KEILINSCHRIFTEN


Die ältesten datierbaren Zeugnisse des Iranischen mit zusammenhängenden Texten stellen die Keilinschriften der Achämeniden dar, deren früheste eine zu Hamadan entdeckte Inschrift des Ariyaramna- ist. Von Kyros II. sind babylonische Zeugnisse vorhanden. Ausser der Chronik des letzten Königs von Babylon Nabunaid, der die Taten des Achämeniden erwähnt, ist der sogenannte Rassen-Zylinder anzuführen, der in neubabylonischer Sprache wichtige Aufschlüsse vermittelt. 
Ferner wird Kyros als König von Babylon auf Kontrakttäfelchen genannt. Aber auch die Inschrift von Pasargadai  (Kyros Murgäb) wird man mit Kyros II. in Verbindung setzen und darin eine Bauinschrift des Begründers der persischen Macht sehen dürfen, während sich allerdings gewichtige Stimmen, aber wohl kaum mit Recht, für die Zuschreibung der Inschrift an den jüngeren Kyros eingesetzt haben. Die Inschrift ist auch auf das vergöttlichte Abbild des Herrschers bezogen worden, das in dem Relief von Pasrgadai zu suchen wäre, doch leuchtet diese Deutung weniger ein, wenn auch kein Bedenken dagegen besteht, das fragliche Steinbild als fravasi-, als Genius des Königs, zu erklären. Dass es sich um eine Bauinschrift handeln muss, geht schon aus dem wiederholten Vorkommen des gleichen kurzen Textes an mehreren Pfeilern und an eine runden Säule hervor. Eine nur elamisch und bebylonisch erhaltene Inschrift auf dem neu gefundenen Abbild des Kyros in Pasargadai weicht von dem Text von Kyros Murgab etwas ab, während eine dreisprachig Inschrift über der erwähnten Skulptur noch der Untersuchung harrt.
Aber ganz abgesehen von den Meinungsverschiedenheiten über die Bedeutung der altpersischen Inschriften vor Dareios I. bleiben die wenigen aus früherer Zeit stammenden Worte ein recht dürftiger Einsatz unseres Materials, das erst mit Dareios I. reichlichere Spuren aufweist. Am Felsen von Bisutun bei Kermanschah, in Persepolis und in dessen Nähe an seinem Grabe (Naqs i Rustam), in Susa, am Berge Elwend bei Hamadan, in Hamadan selbst und am Suezkanal hat der Wiederhersteller und Organisator des Achämenidenstaates bedeutungsvolle Inschriften hinterlassen, die durch ein Siegel und einige Aufschriften auf Gewichten ergänzt werden.
Von Yerxes I. sind aus Persepolis, Susa, Elwand und Wan sowie von Vasen Inschriften bekannt, während wir solche von Artaxerxes I. aus Persepolis und ebenfalls auf Vasen haben.
Artaxerxes II. hat Zeugnisse in Susa und Hamadan hinterlassen. Die letzten altpersischen Inschriften stammen von Artaxerxes III. aus Persepolis. Mit diesem Grosskönig schliesst die Reihe der altpersischen Keilinschriften ab. Einige Siegellegenden ergänzen unser Material, doch gehören bis auf ganz wenige Stücke diese Siegel nicht der achämenidischen Periode an.
Als authentisches und zeitlich genau zu bestimmendes Material sind die Keilinschriften der Achämeniden von unschätzbarem Wert. Sie ergänzen auf das erfreulichste die Berichte der griechischen Schriftsteller und die Angaben, die z.B. für die Regierung des Kambyses und Dareios I. in Ägypten gefunden worden sind. In kultureller Hinsicht lassen die Inschriften manche wichtige Schlüsse zu. Ihrem Charakter als Staatsakte entsprechend wird das geschichtliche Moment namentlich in den grossen Texten des Dareios besonders betont. Man wird bei dem gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse annehmen dürfen, dass die altpersische Keilinschrift nach dem Vorbild der Assyrer und der Halder in dem Machtbereich der Achämeniden ausgebildet worden ist, da wir von medischem Material vorläufig nichts wissen.
Die Inschriften der Achämeniden sind in Altpersisch, Elamisch und Babylonisch abgefasst. Bei der Inschrift von Suez war ein ägyptischer Text vorhanden, der bei einem in der Nähe liegenden Denkmal allein erhalten ist. In Ägypten bedienten sich nämlich die Grosskönige den Einheimischen gegenüber der ägyptischen Sprache. Seit einiger Zeit sind auch aramäische Versionen altpersischer Inschriften entdeckt worden, von denen bereits Diodor zu sprechen scheint. Die mehrsprachigen Inschriften des Dareios erwähnt Herodot, und eine in Deirmengik gefundene Inschrift zeigt den Gebrauch der griechischen Sprache durch Dareios.
Bekannt sind die Achämenideninschriften seit dem 17. Jahrhundert. Ihre Entzifferung durch Grotefend 1802 war der Ausgangspunkt der Lesung der Keilschrift überhaupt. Sie liegen jetzt in ausgezeichneten Veröffentlichungen durch King und Thompson sowie durch Weissbach, E. Herzfeld, F. W. König und V. Scheil vor.
Es ist zu hoffen, dass bei der weitern Durchforschung Irans noch mehr Materialien zutage kommen, wie das hinsichtlich der goldenen Bautablette von Hamadan oder der Inschrift vom Palast zu Susa für Dareios gelungen ist.
Die achämenidischen Münzen weisen bei den Prägungen der Grosskönige keinerlei Beischriften auf. Solche sind in aramäischer und griechischer Sprache dagegen auf den Münzen mancher Satrapen und Vasallenherrscher zu finden.
Am Hof der Achämeniden wurden auch Akten geführt, in denen die königlichen Entschliessungen aufgezeichnet waren. Solche hat Ktesias, Hofarzt des Artaxerxes II,  zu Susa benützt. Dass es sich hierbei um die Behandlung alter Sagenstoffe und der mythischen Geschichte Irans gehandelt habe, nicht um die amtlichen Dokumente selber, sondern höchstens um phantasievolle Auszüge daraus, wird zwar behauptet, ist aber nicht zu beweisen.
Ktesias mag mit seinen Vorlagen frei umgesprungen sein, mit Vorlagen, die er in den Assyriaka anlässlich der Erörterung der nach Elam weisenden Memnonsage erwähnt.
Beachtlich sind auch die in Elephantine gefundenen aramäischen Papyri, die für die Iranistik von F. C. Andreas erschlossen worden sind.
O. G. VON WESENDONK / 1933



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